Die ESIA wurde von der Europäischen Kommission im Dezember 2022 gegründet und hat mehr als 120 Mitglieder in 17 Ländern. (Bild: Markus Spiske)

Europa baut eigene PV-Produktionskapazität bis 2025 stark aus

Mit mehr als 20 bereits auf den Weg gebrachten Projekten ist die PV-Branche laut der Europäischen Solar Photovoltaik Industrieallianz (ESIA) auf gutem Wege, bis 2025 mehr als 30 GW an jährlichen PV-Produktionskapazitäten in allen Wertschöpfungsstufen in Europa aufzubauen. Dies kann jedoch nur mit durchsetzungsfähigen Massnahmen und politischer Unterstützung gelingen.


Quelle: DWR Eco


Nach Einschätzung der von der Europäischen Kommission ins Leben gerufenen European Solar PV Industry Alliance (ESIA), mit EIT InnoEnergy in der Sekretariatsfunktion und mit SolarPower Europe und dem European Solar Manufacturing Council im Lenkungsausschuss, kann Europa mit der richtigen politischen Unterstützung das EU-Ziel von 30 GW an jährlicher PV-Produktionskapazität bis 2025 übertreffen – sowohl bei der Polysiliziumproduktion als auch bei der Herstellung von Ingots, Zellen und Modulen. Diese Prognose basiert auf Geschäftszahlen von bislang über 20 neuen, europäischen PV-Produktionsprojekten, die von den Mitgliedern der ESIA bis Juni 2023 gesammelt wurden. Darüber hinaus erwartet die Allianz weitere Ankündigungen zu neuen Fabriken.

Rund ein halbes Jahr nach ihrer Gründung im Dezember 2022 hat die ESIA am 14. Juni auf der Intersolar Europe in München den umfassenden Aktionsplan ihrer Arbeitsgruppen vorgestellt. Der bündelt das Fachwissen von mehr als 120 Organisationen aus 17 Ländern innerhalb der europäischen PV-Wertschöpfungskette, um die Arbeit in vier Schlüsselbereichen voranzutreiben: (1) Nicht-preisbezogene Kriterien, (2) Lieferkette, (3) Finanzinstrumente und (4) Qualifikationen. Mehrere dieser ersten Ergebnisse wurden der Europäischen Kommission bereits zur weiteren Diskussion vorgelegt.

Faire Wettbewerbsbedingungen schaffen

Ein wichtiger Schwerpunkt des Aktionsplans sind Empfehlungen zur Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unter Berücksichtigung von Faktoren wie Energiekosten, Nachhaltigkeit, Recycling und Rückverfolgbarkeit. Auch eine Analyse zu den OPEX- und CAPEX-Kosten in Europa im Vergleich zu anderen Weltregionen wurde abgeschlossen. Diese dient nun als Grundlage für die eingehende Prüfung verschiedener Finanzinstrumente, um die Ansiedlung europäischer PV-Produktion anzureizen.

Die Aktionspläne im Detail

Seit Dezember 2022 hat die ESIA in vier Arbeitsgruppen intensiv an einem umfassenden, strategischen Maßnahmenplan zu Erreichung der definierten Ziele der Allianz gearbeitet.

Arbeitsgruppe nicht-preisbezogene Kriterien / Nachfragepolitik

In der Arbeitsgruppe ging es darum, eine Reihe von nicht-preisbezogenen Kriterien zu definieren, die wirksame Marktsignale für in Europa produzierte PV-Systeme setzen, ohne das Tempo und die Kosteneffizienz bei der Einführung der Photovoltaik zu beeinträchtigen.

Zu den wichtigsten Bereichen des Aktionsplans gehören:

  • Stimulierung der Nachfrage für hochwertige europäische PV-Produkte.
  • Vorschläge zur Einführung eines Bonussystems für das öffentliche Beschaffungswesen. Dessen Fokus liegt auf ökologischer Nachhaltigkeit (inklusive des CO2-Fussabdrucks und des Anteils an recycelten Inhalten), auf sozialen und Governance-Aspekten (wie der Gewährleistung von Arbeitnehmerrechten und der Schaffung von Arbeitsplätzen), auf Innovation und dem EU-Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung durch PV-Produkte.
  • Anwendung nicht-preisbezogener Kriterien bei der öffentlichen und privaten Beschaffung.
     

Arbeitsgruppe Lieferkette

Um die Widerstands- und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen PV-Produktionslieferkette zu verbessern, nachhaltige Standards zu setzen und die Zuliefererbranche für Maschinen und Ausrüstung neu aufzubauen, hat die Arbeitsgruppe Lieferkette Vorschläge in folgenden Bereichen erarbeitet:

  • Anpassung der Rechtsvorschriften zur Energiepreisregulierung für energieintensive Industrien von strategischer Bedeutung für Europa.
  • Sondierung regulatorischer und politischer Lösungen zur Bewältigung von Problemen mit chinesischem Solarglas, speziell in Hinblick auf Antimon-Grenzwerte und deren Auswirkungen auf die Recyclingfähigkeit und CO2-Werte.
  • Ersetzen der bestehenden Methodik zur Erfassung des ökologischen Fußabdrucks (Product Environmental Footprint Category Rules) durch die Kriterien des Electronic Product Environmental Assessment Tool (EPEAT). EPEAT wurde kürzlich vom Global Electronic Council (GEC) für PV-Module eingeführt und ermöglicht eine bessere Bewertung der CO2-Bilanz.
  • Einrichtung eines Net Zero Industry Act Resilienz-Bonussystems. 

Arbeitsgruppe Finanzierung

Damit die Solarbranche florieren und ihren Beitrag zur Erreichung der Ziele des Europäischen Grünen Deals leisten kann, hat die Arbeitsgruppe Finanzierung zwei Schwerpunkte gesetzt:

  • Identifizierung der derzeitigen Finanzierungslücken (sowohl bei OPEX als auch CAPEX) im Vergleich zu den Subventionsregelungen in China und den USA über die gesamte Wertschöpfungskette (einschließlich der Lieferung von Ausrüstung und Materialien).
  • Vorschläge zur Stärkung und Beschleunigung von Finanzierungsinstrumenten und -mechanismen. Erwogen werden die Anpassung bestehender Instrumente, die Schaffung neuer Instrumente nach dem Vorbild des US Inflation Reduction Act oder des European Chips Act für die PV-Industrie, die Unterstützung strategischer Projekte und ein beidseitiger Auktionsansatz einer "Solarbank".
     

Arbeitsgruppe Qualifikationen

Die (Wieder-) Ansiedelung von 30 GW an PV-Produktion in der EU wird bis 2027 bis zu 50.000 neue, qualifizierte Arbeitskräfte erfordern, einschließlich der Aus- und Weiterbildung von 30.000 Fachkräften. Zu den wichtigsten Zielen des Aktionsplans gehören:

  • Entwicklung eines EU-weiten Qualifikationsplans mit Lehrplananforderungen, Zertifizierungssystemen und Akkreditierungsverfahren für die Ausbildung.
  • Einrichtung einer Solarakademie, um einen verbesserten Zugang zu den neuen Lehrplänen und zur Fernschulung zu ermöglichen.
  • Identifizierung und Nutzung von Synergien mit ähnlichen Initiativen der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten, mit EU-Programmen und dem EU Pact for Skills.

Die ESIA wurde von der Europäischen Kommission im Dezember 2022 gegründet und hat mehr als 120 Mitglieder in 17 Ländern. Sie unterstützt den Aufbau einer europäischen Industrie, die bahnbrechende PV-Technologien entwickelt und vermarktet. Und so zu innovativeren, effizienteren, kreislauffähigen und nachhaltigen Produkten kommt, die auf die Klima- und Energieziele der EU einzahlen.

 

Veröffentlicht am: