Rund 140 Fachleute der Gebäudetechnik trafen sich am 21. SWKI-Forum am HSLU-Campus in Horw - für viele ihre "Alma mater". (Bilder: Manuel Fischer)

SWKI-Forum – Fachkräftemangel und Luftqualität

Aktuelles am 21. SWKI-Forum: Auch die Gebäudetechnik ist vom Fachkräftemangel betroffen. Massnahmen dagegen brauchen einen langen Atem. Die Innenraum-Luftqualität war ebenfalls Thema. Gebäudetechniker stehen bereit, ihren Beitrag zur Infektionsprävention durch respiratorische Aerosole zu leisten.


Manuel Fischer


An einem sommerlichen Freitagvormittag im Juli begrüssten Adrian Altenburger, Co-Institutsleiter am Institut für Gebäudetechnik und Energie (IGE) der Hochschule Luzern (HSLU) sowie Peter Scherer, Präsident des Vereins «Die Planer», mehr als 140 Gäste zum 21. SWKI-Forum.

Matthias Vogelsang, Delegierter Richtlinien, informierte über die vereinfachte Bestellungsprozedur für SWKI-Richtlinien via Onlineshop der Schweizerischen Normen-Vereinigung (SNV).

Jüngst neu publiziert wurden Richtlinien zum Thema Rauch- und Wärmebehandlung (SWKI BT 101-01, Teil 1), zum Betreiben und Instandhalten von gebäudetechnischen Anlagen (SWKI BT 104-01, Teil 1) sowie zur Abnahmeprüfung an Raumkühlflächen (SWKI RE600-02, Teil 2). An über 40 anderen Richtlinien, etwa zum Facility Management/technisches Monitoring, wird noch gearbeitet oder die Vernehmlassungen dazu laufen.

Campus Horw wird grösser

Die beiden IGE-Instituts-Co-Leiter Adrian Altenburger und Urs-Peter Menti berichteten über den aktuellen Stand der Erweiterung und Erneuerung des HSLU-Hochschulstandorts Horw. Diskutiert werden zurzeit zwei Varianten des Umzugs der Pädagogischen Hochschule (PH) mit verschiedenen Zeithorizonten der Inbetriebnahme neuer Gebäude in Horw.

Gleichzeitig investiert die HSLU in neue Laborstrukturen; denn es braucht praktikable Antworten auf neuere Fragestellungen aus der HLKSE-Welt, so etwa zur Eigenstromerzeugung, zur Stromspeicherung und zu Lastmanagement-Systemen. Zur künftigen Infrastruktur wird auch ein Reinraum-Lab gehören.

Infolge der bevorstehenden Emeritierung von Heinrich Huber, HSLU-Professor und langjähriger Leiter der Prüfstelle Gebäudetechnik beschäftigte sich das IGE-Leitungsteam mit einer Nachfolgelösung. Der Elektroingenieur mit vielfältiger Berufserfahrung in der Privatwirtschaft und gebürtige Belgier Johan Verbiest wird ab August 2022 das Labor Gebäudetechnik leiten.

Nachfolgend zum SWKI-Forum stellten BSc-Absolventen/innen ihre Diplomarbeiten vor.

Nachwuchs – Grund zur Freude

Der diesjährige Nachwuchspreis Gebäudetechnik ging an Daniel Brühlmann, Studierender im Studiengang Bachelor of Science (BsC) in Gebäudetechnik/Energie. Traditionsgemäss stellten ausgewählte Absolventen ihre Diplomarbeiten vor. Joel Pfister und Stefan Bieri (BSc IGE GEE) überprüften u.a. eine ökologische und sinnvolle Speicherung der Überproduktion aus einem Photovoltaik-Projekt eines benachbarten Gewerbebetriebs (Autogewerbeverband), verglichen nachhaltige Speichertechnologien und bewerteten Eigenverbrauchsstrategien.

Florian Eigenmann und Silvan Bernal untersuchten die Leistungsfähigkeit von Erdwärmesonden und beurteilten die Wirkung von Regenerationsmassnahmen im Bestand (im Bezug auf die SIA-Norm 384/6:2021) unter Zuhilfenahme von Simulationsberechnungen.

Ahmed Daralnakhla widmete sich in seiner Masterarbeit der Entwicklung einer modularen und vorgefertigten Konstruktionssystems für den Bau von Mikro-Wohnhochhäusern in Städten mit der Absicht, den CO2-Fussabdruck wie den Materialverbrauch pro Kopf radikal zu verringern.

Daniel Brühlmann (Mitte) nahm den diesjährigen Nachwuchspreis Gebäudetechnik von HSLU-Professor Adrian Altenburger (l.) und Rony Riedo (r.), SWKI-Vorstandsmitglied Bildung, entgegen.

Fachkräftemangel

Abseits dieser Glanzlichter formulierte man am SWKI-Forum auch Sorgen um den beruflichen Nachwuchs. Bereits in Berufslehren der Gebäudetechnik fallen zu viele Jugendliche durch die Abschlussprüfung.

In diesem Kontext sprach Patrick Kutschera, Geschäftsführer EnergieSchweiz beim Bundesamt für Energie (BFE) zum Fachkräftemangel. Kutschera erläuterte die strategischen Ziele der - von der Bau- und Immobilienbranche und vom Bund – getragene «Bildungsoffensive Gebäude». Als erster Gastredner verwies er auf die im Vorfeld des Synthese-Berichts gebildeten runden Tische. Aus den intensiven Gesprächen wurden drei übergeordnete Ziele und vier Handlungsfelder definiert, wie 1) das Stärken der formalen Bildung, 2) das Befähigen bestehender Fachkräfte für neue Aufgaben, auch 3) die Verbesserung des Images von Bauberufen und 4) das Stärken der branchenübergreifenden Zusammenarbeit. Insgesamt 32 Massnahmen sind im Bericht aufgeführt, darunter – um nur ein Beispiel zu nennen – den Aufbau und die Stärkung des Angebots für Quereinsteigende. Die Branche sollte ihre Schlussfolgerungen ziehen, so Kutschera: «Ich wünschte mir noch mehr Bildungsprojekte, welche Firmen anstossen.»

Innenraum-Luftqualität – «post Corona»

Benoît Sicre, Dozent und Forscher am Institut für Gebäudetechnik und Energie (IGE) an der HSLU, bot eine Übersicht zum Stand des Wissens zu den respiratorischen Aerosolen am Beispiel des SARS-CoV-2-Virus. «Was kann die Gebäudetechnik bei der Infektionsprävention beitragen? Unsere Aufgabe als Ingenieure ist es, das Problem an der Wurzel zu packen», sei die zentrale Frage. Lüftungstechniker unterscheiden zwischen Verdrängung-, Verdünnungs- und Quelllüftung als Lüftungsprinzipien, wobei auch neuerdings Kombinationen vorgeschlagen werden, wie beispielsweise die lokale Verdrängung und die lokale Absaugung.

Die HSLU wird auch für die Überprüfung von Lüftungskonzepten in komplexen Gebäuden angefragt, so etwa für den grossen Konzertsaal des Kultur- und Kongresszentrums Luzern (KKL). Grundsätzlich wird dort verbrauchte Luft dank Quelllüftungs-Prinzip an der Decke oben abgesaugt. Im Hinblick auf eine Wiedereröffnung des Saals im Frühjahr 2021 wurde die Exposition von Personen mit Hilfe von Test-Aerosolen und Spurengasen geprüft, nicht nur des Publikums, sondern des Chors, des Orchesters und des Dirigenten.

KKL – wenig Aerosolbelastung

Die Studie zeigt, dass Luftbelastungen im Bereich Parkett (im KKL-Konzertsaal) deutlich wirksamer abgeführt werden als bei einer reinen Mischlüftung; auf der Bühne und Balkonen ist die Wirksamkeit teilweise vergleichbar mit Mischlüftung oder gar tiefer. Zusammen mit der grosszügigen Auslegung der Lüftungsanlage und dem grossen Raumvolumen ergibt das ein geringes Ansteckungsrisiko – unter Einhaltung des noch vor einem Jahr geltenden Schutzkonzepts (Tragen von Masken).

Einzig von Bläser/innen und Sänger/innen geht für andere singende oder Blasinstrumente spielende Musiker/innen ohne Maske sowie für die vorderste Parkettreihe ein leicht erhöhtes Risiko aus. Auch Dirigenten sind etwas stärker durch Aerosole exponiert.

Unter der Moderation von Präsident Peter Scherer (2.v.l.) diskutierten (v.l.) Patrick Kutschera, Jürg Schär (KKL Management AG) und Benoît Sicre (HSLU) zur Qualitätssicherung der Innenraumluft.

Pandemiegerechtes Bauen

Benoît Sicret resümierte, dass infolge der Coronapandemie erweitertes Grundlagenwissen zur Verfügung stehe. Auch in Zukunft müsse man sich auf luftübertragbaren Krankheiten und epidemischen Situationen vorbereiten. Mittelfristig rechnet Sicret mit angepassten Gesetzen und Normen hinsichtlich «pandemiegerechtem Bauen», daraus folgen Aufgaben für die Gebäudetechnik. Sicret regte auch das Lancieren eines Labels für gut belüftete Gebäude an.

 

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