Warum negative CO2-Emissionen bitter nötig sind

Um dem Klimawandel wirkungsvoll und möglichst rasch entgegenzuwirken, sind technische Lösungen unabdingbar. Mit ihrer gross angelegten Forschungsinitiative «Mining the Atmosphere» schlägt die Empa nichts weniger als einen Paradigmenwechsel vor: von einer CO₂-emittierenden zu einer CO₂-bindenden Gesellschaft, die das Klimagas als wertvollen Rohstoff nutzt.


In der Video-Aufzeichnung (v. Livestream 4.4.2024 - englisch) beleuchten Peter Richner und Nathalie Casas Herausforderungen, Lösungen und den Stellenwert der «atmosphärischen Mine» für Industrie und Gesellschaft.


Um die Klimaerwärmung zu bekämpfen, haben sich zahlreiche Staaten inklusive der Schweiz das Ziel gesetzt, ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Netto Null zu senken. Dies kann indes nur ein Zwischenziel sein – denn längerfristig braucht es einen gesamtheitlicheren Lösungsansatz, mit dem sich die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre aktiv senken lässt. Mit «Mining the Atmosphere» hat sich die Empa zum Ziel gesetzt, das vom Menschen verursachte überschüssige CO₂ der Atmosphäre wieder zu entziehen und es als Ausgangsmaterial für kohlenstoffhaltige Materialien zu nutzen. So soll ein neues globales Wirtschaftsmodell und die dazugehörigen Industriesektoren entstehen, die CO₂ als Rohstoff der Zukunft in wertschöpfende Materialien umwandelt, um herkömmliche Baustoffe und Petrochemikalien zu ersetzen.

Das eingefangene atmosphärische CO₂ kann mit Hilfe von Wasserstoff in Kohlenwasserstoffe umgewandelt werden und so fossile Rohstoffe, aber auch andere Werkstoffe ersetzen. Einfach ausgedrückt: Wir können das atmosphärische CO₂ «aufwerten», indem wir das Klimagas als Ausgangsmaterial für eine breite Palette kohlenstoffhaltiger Materialien nutzen – von Kerosin über Polymere und Arzneimittel bis hin zu Bitumen für den Asphalt in unseren Strassen.

Natürlich ist die Wirkung auf das Klima dann am grössten, wenn die kohlenstoffhaltigen Materialien und die daraus entstehenden Produkte gesamthaft Milliarden von Tonnen Kohlenstoff binden könnten – Materialien also, die in sehr grossen Mengen umgesetzt werden. Deshalb liegt der Fokus in einer ersten Phase von «Mining the Atmosphere» auf Baumaterialien, etwa Zuschlagstoffe auf Kohlenstoffbasis für Beton und Asphalt sowie Wärmedämmstoffe. So wird die neue NEST-Einheit «Beyond Zero» verschiedenste CO₂-negative Innovationen enthalten, um zu demonstrieren, ob und wie Gebäude als langfristige Kohlenstoffsenken wirken können.


Ein langer Weg – den wir schon heute in Angriff nehmen sollten

Selbstverständlich ist der «Mining the Atmosphere»-Ansatz enorm energieintensiv; er verspricht daher nur dann nachhaltige Lösungen, wenn uns die Energiewende hin zu Erneuerbaren vollumfänglich gelingt. Sprich: Er ist der zweite Schritt auf dem Weg in eine wahrlich nachhaltige Zukunft. Doch die Umwandlung von CO₂ zu kurz- und längerkettigen Kohlenwasserstoffen ist nicht nur energetisch, sondern auch chemisch beziehungsweise katalytisch äusserst anspruchsvoll. Forschende der Empa entwickeln daher unter anderem neue katalytische Prozesse und Katalysatormaterialien, die für die verschiedenen chemischen Umwandlungsreaktionen benötigt werden, sowie innovative Energietechnologien und neuartige kohlenstoffhaltige Baumaterialien.

Über Bright Minds

Die Video- und Livestream-Serie präsentiert die hellen Köpfe, die an der Empa faszinierende Innovationen entstehen lassen – mit dem Ziel, das Leben und die Welt von morgen nachhaltiger zu machen.

 

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