Interesse am technischen Zeichnen, ein Flair für Zahlen und die Freude am Austausch mit anderen Fachkräften brachte Anoshan Manokaran in die Lehre zum Gebäudetechnikplaner Sanitär bereits mit. Das praktische Fachwissen holt sich der 19-jährige Berner derzeit bei der Grünig&Partner AG in Liebefeld.


Text: Béatrice Koch, Fotos: Annette Boutellier


Anoshan Manokaran lädt einen 3-D-Gebäudeplan auf seinen Computerbildschirm, auf dem in erster Linie die farbig eingezeichneten Rohre ins Auge springen: «Rot steht für die Warmwasserleitungen, Grün fürs Kaltwasser, Braun fürs Abwasser», erklärt der 19-Jährige das Wesentliche, sodass es auch für Laien verständlich wird. Anoshan hat im Sommer 2023 seine vierjährige Lehre zum Gebäudetechnikplaner Sanitär im Ingenieurbüro Grünig&Partner in Liebefeld begonnen.

«Ein Badezimmer haben alle zu Hause, aber kaum jemand macht sich Gedanken darüber, woher das Wasser kommt und wohin es abfliesst. Mich hingegen interessierte das», begründet er die Wahl der Fachrichtung. Nun, da er die Hälfte der Lehrzeit hinter sich hat, sagt er: «Ich komme immer gerne zur Arbeit. Mir gefällt eigentlich alles, Gebäudetechnikplaner ist ein cooler Beruf.»

Tipp des Kollegen

Dabei spielte der Zufall bei seiner Berufswahl eine nicht unwesentliche Rolle. Gezeichnet hat der junge Berner schon in Schule gerne, dazu kam ein Talent für Mathe und Physik. Gegen Ende der obligatorischen Schulzeit schnupperte er als technischer Zeichner in einem Architekturbüro, hängte dann aber erstmal ein zehntes Schuljahr an. Als auch dieses Schuljahr zu Ende ging und er immer noch keine Anschlusslösung hatte, geriet er unter Zeitdruck. Ein Kollege machte ihn schliesslich auf den Beruf des Gebäudetechnikplaners aufmerksam.

Eigentlich wollte sich Anoshan bei der Gruner AG, dem Lehrbetrieb seines Kollegen, für eine Schnupperlehre bewerben. Wegen des ähnlichen Namens schickte er die Unterlagen stattdessen an die Grünig&Partner AG. Im Nachhinein erwies sich dieses Missgeschick als Glücksfall: Anoshan wurde zum Schnuppern nach Liebefeld eingeladen – und fühlte sich dort sofort willkommen: «Die Mitarbeitenden waren sehr freundlich und sprachen über Themen, bei denen ich mitreden konnte.» Nach drei Tagen Schnuppern und einem Eignungsgespräch erhielt er die Zusage für den Lehrvertrag.

Viele Anfragen für Schnupperlehren

Mit 34 Mitarbeitenden an den beiden Standorten Liebefeld und Biel gehört Grünig&Partner zu den mittelgrossen Playern in der Branche. Zu den Kunden zählen unter anderem Coop und die SBB, aber auch für Schulhäuser und grössere Wohnbauprojekte entwirft Grünig&Partner die Gebäudetechnik. Das Planungsbüro deckt viele Bereiche der Gebäudetechnik ab – neben Sanitär auch Heizung, Lüftung und Klima – und bildet in jedem Bereich zwei Lernende aus. Bis anhin habe man keine Probleme, die Lehrstellen zu besetzen, erzählt Anoshans Lehrmeister Joel Portenier. «Wir haben sehr viele Anfragen für Schnupperlehren.» Wer einen Lehrvertrag erhält, darüber entscheide vor allem das Menschliche: «Das Fachliche lernt man während der Lehre. Wichtiger ist es, dass jemand ins Team passt und gute Umgangsformen hat.» Ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen und ein Interesse für Zahlen und Berechnungen müsse man aber mitbringen, sonst werde es allein schon in der Berufsschule schwierig.

Bei Anoshan habe es von Anfang an gut funktioniert, erinnert sich Portenier: «Er ist ein selbstbewusster junger Mann.» Von Vorteil war wohl auch, dass Anoshan bei Lehrantritt schon ein wenig älter war und sich den Austausch mit Kunden, Architektinnen, Ingenieuren und Installateuren zutraute. Wobei er hier zu Beginn durchaus Hemmungen hatte, wie Anoshan zugibt: «Es war mir peinlich, wenn ich etwas nicht wusste, und ich hatte Angst, etwas Dummes zu sagen. Aber mit der Zeit merkte ich, dass Architekten keine Spezialisten für Sanitärplanung sind.»

Lehrmeister Joel Portenier
Sein Lehrmeister Joel Portenier: «Wir erhalten sehr viele Anfragen. Wer einen Lehrvertrag erhält, darüber entscheide vor allem das Menschliche. Das Fachliche lernt man während der Lehre.»

Fixe Lernstunden

Anoshan hat vor Kurzem das dritte Lehrjahr begonnen und damit – abgesehen von den Abschlussprüfungen – das Gröbste wohl schon hinter sich. «Die ersten zwei Jahre sind die schwierigsten», lautet die Erfahrung von Joel Portenier. In dieser Zeit müssen die Lernenden die vielen unterschiedlichen Grundlagen und Normen kennenlernen, die je nach Projekt zur Anwendung kommen. Erst wer diese Normen kennt, erfasst auch die jeweilige Problemstellung und kann selbstständig an einem Projekt arbeiten.

Bei Grünig&Partner nimmt man sich Zeit, die Lernenden individuell zu fördern: «Wir bieten jede Woche fixe Lernstunden an, in denen die Lernenden den Lernstoff während der Arbeitszeit erarbeiten und offene Fragen mit dem Lehrmeister besprechen können.» Portenier ist selbst erst Mitte 20 und damit nur wenig älter als sein Lehrling. Es mache ihm Spass, junge Menschen ein Stück weit auf ihrem beruflichen Weg zu begleiten. «Unsere Lernenden kommen mit ganz unterschiedlichen Erwartungen und Voraussetzungen zu uns. Manche bringen schon viel Vorwissen mit, weil etwa der Vater in der Branche arbeitet, andere kennen den Beruf noch nicht.» Aber eines hätten alle gemeinsam, versichert Portenier: «Unsere Lernenden sind sehr aufgestellte, höfliche und sympathische junge Menschen.»

Praktikum auf der Baustelle

Er sei eher ein Büromensch, sagt Anoshan über sich selbst. Dennoch muss auch er als angehender Planer während der vierjährigen Lehrzeit insgesamt drei Monate auf der Baustelle mitarbeiten. Hier geht es darum, das Handwerkliche und die Bedingungen auf der Baustelle zu verstehen – zu den Aufgaben des Planers gehört auch zu prüfen, ob der am Bildschirm entworfene Sanitärapparat plangemäss montiert wird.

Anoshan würde nach seinem Abschluss gerne in seinem Lehrbetrieb weiterarbeiten und sich nebenbei weiterbilden, etwa die Berufsmaturität nachholen oder an die Höhere Fachschule gehen. Aber eigentlich denkt er noch nicht gross über die Zeit nach den Abschlussprüfungen nach. Was er hingegen heute schon weiss: Auch wenn der Zufall gehörig mitspielte, hat er sich für den richtigen Beruf und den richtigen Lehrbetrieb entschieden.

Blick auf den 3D-Gebäudeplan
Blick auf den 3D-Gebäudeplan mit Anoshans Erklärungen, welche Leitungen was bedeuten.

Gebäudetechnikplaner/in Sanitär EFZ

Kenntniserwerb

  • Planen und Berechnen von sanitärtechnischen Anlagen
  • Berechnen der Masse und Kosten der Anlagen
  • Überwachen der Montage und der Inbetriebnahme
  • Erstellen von Offerten und Materiallisten

Voraussetzungen

  • Räumliches Vorstellungsvermögen
  • Freude an Zahlen, Technik und genauem Arbeiten
  • Geschick im Umgang mit anderen Beteiligten am Bau: Bauherrschaften, Architektur- und Ingenieurbüros, Bauhandwerkern.

Zertifikate

4 Jahre berufliche Grundbildung mit jeweils einem Tag Berufsschule pro Woche. Zertifikat nach absolviertem Qualifikationsverfahren: Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis «Gebäudetechnikplaner/in Sanitär EFZ». Für Jugendliche mit guten bis sehr guten Schulleistungen besteht die Option, die Berufsmaturitätsschule zu besuchen – während oder nach der schulischen Grundbildung mit der Zusatzqualifikation «Berufsmaturität».

Dauer der Lehre: 4 Jahre

Praktische Ausbildung in einem Betrieb für sanitäre Installationen oder in einem gemischten Betrieb Heizung/Lüftung/Sanitär, ergänzt durch überbetriebliche Kurse sowie ein Tag pro Woche Berufsfachschule.

www.toplehrstellen

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