Thermische Netze-Fernwärmeforum Bern

Das Thema Thermische Netze boomt: Mit rund 700 Teilnehmenden und 60 Ausstellern an der Tischmesse ist das Fernwärme-Forum der Treffpunkt der Fernwärme- und kältebranche der Schweiz. Ein Teilnahmerekord; letztes Jahr zählte man 660 Teilnehmende. Als Moderatorin durch den Kongress begleitete neu Bigna Silberschmidt, (bekannt vom Schweizer Fernsehen) durch den Tag. Matthias Sulzer leitete einmal mehr die Podiumsdiskussion vor der Mittagspause.


Manuel Fischer; Quelle: Thermische Netze Schweiz

Redaktionelle Bearbeitung: Phase5


Dieses Jahr war das Thema Sektorkopplung im Fokus. Auf der einen Seite geht es um das Zusammenspiel zwischen Strom-, Gas- und thermischen Netzen. Andererseits erörterte man die Nutzung unterschiedlicher Energiequellen und Technologien wie z.B. Power-to-Heat, Gross- und Absorptions-Wärmepumpen (AWP) und der Einbezug saisonaler Wärmespeicher.

Mit Sektorkopplungs-Strategien erhoffen sich die Akteure thermischer Netze kurzfristig Effizienzgewinne sowie längerfristig eine Optimierung ihrer Energieversorgungssysteme.

Unkonventionelle Kopplungsideen, riesige Wärmepumpen

Den Anfang machte ein Gastredner aus dem Ausland, Ralf-Roman Schmidt, Senior Research Engineer bei AIT - Austrian Institute of Technology. Er machte sich stark für den Ausbau grosser saisonaler Ausgleichsspeicher (CTES) und noch grösserer Kavernenspeicher zur Stabilisierung des thermischen Netzes über das ganze Jahr. Er zeigte aber auch auf, dass von den Sektorkopplungsarten ««Power-to-Heat» für die Bereitstellung von Wärme im Netz durchaus Sinn machen könne. Auch der Einsatz von grossen Luft-Wasser-Wärmepumpen als Wärmequelle für thermische Netze könne angesichts deren einfachen Skalierbarkeit bei Niedrigstromtarifen – trotz vergleichsweise niedrigem Effizienzgrad - in Frage kommen.

Raymond Decorvet, Senior Account Executive Global Business Development bei MAN in Zürich sprach über die entscheidende Rolle von Grosswärmepumpen (GWP) mit Kalibern ab 25 MW und grösser, welche in Ländern wie Dänemark und Norwegen den sehr volatilen Strommarkt (v.a. Windkraft) schon heute regulieren, indem sie überschüssigen Strom für die Wärmeproduktion bereitstellen. Und die GWP-Kompressoren können sich superschnell an neue Lastsituationen im Stromnetz anpassen.

Diverse Quellen, Energiemonitoring

Francesco Barone, Leiter Wärme Industrielle Betriebe Lausanne, präsentierte die durchaus ambitiösen Pläne, bis 2035 weite Teile der Stadt an ein vernetztes Energiesystem anzuschliessen, weitgehend ohne Rückgriff auf fossile Brennstoffe. Grundwärmelast liefert zwar die stadtnahe KVA; der Einbau einer Absorptions-Wärmepumpe kann da noch mehr Wärmeertrag liefern. Ein aktuelles Grossprojekt ist die Erschliessung des Seewassers in Ouchy für die Wärmeversorgung der Quartiere entlang des Sees. Noch spielt die Kälteversorgung – obwohl technisch möglich - eine untergeordnete Rolle. Wie andere Energieversorger der Westschweiz betreiben auch die Industriellen Betriebe Lausanne ein hydrothermales Geothermie-Projekt – mit noch ungewissem Ausgang.

Fabian Blaser, Projektleiter beim Energieberatungsunternehmen Rytec AG im Bereich Kehrichtentsorgung und Kreislaufwirtschaft, entwickelt zusammen mit kommunalen Energieversorgungs-Unternehmen (KVU) ein integrales, automatisiertes Energiemonitoring, welches den Einsatz von Technologien wie Wärme-Kraft-Kopplung, AWP usw. in Abhängigkeit der Stromtarife entwickelt. Denn grosse KVU spielen mit ihren Kehrichtverwertungsanlagen auch die Rolle von Stabilisatoren im Stromnetz.

Wie steht es mit der Kälteversorgung?

Matthias Sulzer, Professor an der EMPA, brachte während seiner Podiumsdiskussion das direkte Zusammenspiel von Wärmequellen und Wärmesenken ins Spiel und fühlte den Referenten auf den Zahn, ob ihre Unternehmen eine künftige Kälteversorgung der Innenstädte nicht doch etwas vernachlässigen würden. Die Antworten waren verhalten, aber nachvollziehbar wie: «Wirtschaftlich macht es nur Sinn, wenn es eine grosse Nachfrage nach gewerblicher Kälte gibt im Anschlussbereich thermischer Netze» oder «Anergienetze, welche gleichzeitig Wärme und Kälte bereitstellen, eignen sich in gebauten, alten Städten nicht».


Ausklang

Am Nachmittag wurden zahlreiche Fallbeispiele präsentiert – auf Arealebene, auf klein- und grossstädtischer Ebene. Ein Referat zum Fachkräftemangel in der Branche und mit welchen Strategien man dagegenwirken könnte, rundeten das Programm ab. Das Fernwärmeforum 2025 schloss wie in den Jahren zuvor mit einem Überraschungsgast und einem Apéro riche ab.

In den nächsten Print-Ausgaben und auf dem Online-Portal von «Phase5» werden wir einige Aspekte des Forums noch vertiefen.

Veröffentlicht am: