Ausbildung und Qualifikation von Mitarbeitenden wichtig
Ausbildung und Qualifikation von Mitarbeitenden wird bei professionellen Lüftungsreinigungsanbietern grossgeschrieben. (Foto: Michael Huwiler)

Die Reinigung von Lüftungsanlagen ist ein häufig vernachlässigtes, zumindest aber unterschätztes Gewerk. Denn saubere Kanäle führen saubere Luft und vermeiden Brände. Wie sieht die aktuelle Praxis aus? Und inwiefern schliesst das «Blatt 8» der neuen DACH-Richtlinie «VDI/ÖFR/SWKI 6022» eine Lücke zwischen der Hygieneinspektion und der effektiven Problemlösung? Ein Gespräch mit einem der grössten Schweizer Lüftungsreinigungsunternehmen und die Erläuterungen einer Branchen-Koryphäe zur neuen Richtlinie.


Text: Andreas Stettler


Welche vorbereitenden Schritte sind eigentlich bei einer Lüftungsreinigung zu befolgen? Nebst dem Zustand eines Lüftungssystems gehören effiziente Arbeitsabläufe und die Sicherheit des Reinigungsteams zu den Beurteilungskriterien. Sind die neuralgischen Anlagenbereiche zugänglich? Wo lauern Gefahren im Arbeitsbereich (z.B auf dem Dach, in Schächten, in explosionsgeschützten Räumen), welche Hilfsmittel und persönliche Schutzausrüstungen werden benötigt?

In vielen Fällen reicht eine Sichtkontrolle für die Beurteilung einer Lüftungsanlage; bei Bedarf werden Kanäle und Rohre mit dem Endoskop untersucht, das meterweit vordringen kann. So oder so spielen Fachwissen und Erfahrung eine entscheidende Rolle. «Ganz wichtig ist die Information, die wir vom Kunden erhalten», erklärt Adrian Widmer, Leiter Verkauf bei Hälg & Co. AG Lüftungsreinigung.

Dabei hilft es, die richtigen Fragen zu stellen. «Je mehr wir wissen, je genauer wir die Anlage kennen, desto besser können wir unseren Einsatz planen.» Zu den zahlreichen Beurteilungskriterien gehören immer auch der Blick auf effiziente Arbeitsabläufe und die Sicherheit des Reinigungsteams. Sind die neuralgischen Anlagenbereiche zugänglich? Wo lauern Gefahren im Arbeitsbereich (z.B. auf dem Dach, in Schächten, in explosionsgeschützten Räumen), welche Hilfsmittel und persönliche Schutzausrüstungen werden benötigt?

Jedes Reinigungsteam wird mit einem detaillierten Auftrags- und einem strukturierten Inspektionsblatt auf den Weg geschickt. Nach der Auftragserfüllung macht der Team-Chef/die Team-Chefin noch einmal eine Sichtkontrolle; und dem Kunden wird ein Vorher-/Nachher-Bericht ausgehändigt, mit den ausgeführten Arbeiten in Wort und Bild, wie auch Empfehlungen für mögliche weitere Massnahmen.

Ausbildung und Qualifikation der Mitarbeitenden werden bei Hälg & Co. AG Lüftungsreinigung, einem der grössten Schweizer Anbieter, durch ein internes Qualitätsmanagement sichergestellt, sämtliche heute gültigen VDI-, SWKI- und SIA-Richtlinien, aber auch arbeitsrechtliche Vorgaben streng befolgt. Firmeneigene QM-Beauftragte machen unangemeldete punktuelle Kontrollbesuche während oder nach Reinigungsaufträgen.

Die Schweiz übernimmt alle VDI 6022-Blätter
Die Schweiz übernimmt alle VDI 6022-Blätter jeweils als SWKI-Richtlinie. Blatt 8 richtet sich an Planer, Montageunternehmen, Lüftungsreinigungsfirmen, FM-Betriebe und RLT-Anlagenbetreiber und bietet sie eine bedeutende und umfassende Hilfestellung, um die Hygiene und Sicherheit von Lüftungsanlagen zu gewährleisten. VDI/ÖFR/SWKI – MT 6022 Blatt 8.1 regelt überdies die Ausbildung. Das erste Standardwerk für gewerbliche Lüftungsreinigung in deutscher und englischer Sprache wurde im September 2024 fertiggestellt und befindet sich aktuell in der Vernehmlassung. (Quelle: SWKI)

Reinigung beginnt mit der Lüftungsplanung

«Wir haben nach wie vor eine Diskrepanz zwischen dem, was die Richtlinien für den Bau von Lüftungsanlagen seit Jahren vorgeben, und dem, was wir vor Ort antreffen» sagt Harry Tischhauser, Geschäftsführer der Aktinova AG. Tischhauser ist ein «Urgestein» der Lüftungsreinigung: Seit 1990 prägt er die Branche als Firmeninhaber, Berater und Ausbildner.

Er verweist auf die aktive Mitarbeit schweizerischer Fachleute bei der Richtlinienarbeit im Bereich Lüftungshygiene. Die Schweiz wirkt seit der Erstausgabe der VDI 6022 / 1998 in Deutschland aktiv in den Gremien mit und hat diese Reihe ab 2003 1:1 als SWKI-Richtlinien übernommen. Die VDI/ÖFR/SWKI 6022 Blatt 8 gilt für die in VDI 6022 Blatt 1, Blatt 1.1 sowie Blatt 6 geforderten Reinigungskonzepte, -verfahren und -prozesse im Zusammenhang mit RLT-Anlagen und Geräten sowie allen Luftleitungen, deren zentralen und dezentralen Komponenten.

Die Richtlinie will nicht zuletzt bei Planenden die Sensibilisierung für die Lüftungsreinigung verstärken. Ihrer Verantwortlichkeit gemäss VDI 6022 Blatt 1 sollen sie bereits in der Planungs- und Ausschreibungsphase nachkommen. Planende erstellen ein Instandhaltungs- und Reinigungskonzept der Lüftungsanlage und informieren Vertragspartner darüber, wie wichtig die Zugänglichkeit zu jedem Anlagenteil ist.

Reinigen, Beurteilen, Überprüfen

Blatt 8 (VDI/ÖFR/SWKI 6022) schlägt eine systematische Vorgehensweise vor. Die wesentlichen Kapitel von Blatt 8 sind:

• Reinigungsverfahren

• Gesetzliche Vorgaben und technische Regeln

• Gefährdungsbeurteilung

• Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten

• Grundsätze für die Lüftungsreinigung

• Ermittlung des Reinigungsbedarfs

• Überprüfungsbefund

Wann ist eine Reinigung angezeigt?

Bisher wurden hauptsächlich Abluft-, Umluft-, Fortluft- und Aussenluftleitungen gereinigt, jedoch kaum Zuluftleitungen. Gerade sie werden während der Bauphase mit Staub belegt und häufig nicht oder nicht ausreichend gesäubert. Unter diesen Bedingungen können bereits ab Inbetriebnahme über viele Jahre hinweg Staubpartikel in die Räume geblasen werden und die Luftqualität unnötigerweise verschlechtern.

Anhand verschiedener Beurteilungskriterien ist festzustellen, ob eine Luftleitung zu reinigen ist oder nicht. Sämtliche zuluftrelevanten Komponenten müssen besenrein sein. Es dürfen keine erheblichen  verschmutzungsbedingten Brandlasten auf den luftberührten Oberflächen vorhanden sein, wie z.B.  mikrobiologische Belastungen in unzulässiger Konzentration (gemäss VDI 6022 Blatt 1, Tabelle 10). In der Richtlinie gibt es Formulare, um den Reinigungsbedarf für jede einzelne Komponente zu ermitteln. Der Bedarf der Dienstleistung «Lüftungsreinigung» entspricht der Differenz zwischen dem vorgefundenen Ist-Zustand und dem vom Stand der Technik und Gesetzgebung vorgegebenen Soll-Zustand.

Was wird von den Reinigungsanbietern erwartet?

Für die relevanten Tätigkeiten des Reinigungspersonals muss der Fachbetrieb geeignete Gefährdungsbeurteilungen vornehmen sowie Unfällen und Erkrankungen vorbeugen. Sowohl interne als auch externe Personen (z. B. aus Subunternehmen) sind gemäss den relevanten länderspezifischen Regelwerken zu schulen. Der Fachbetrieb stellt sicher, dass persönliche Schutzausrüstungen in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der beteiligten Personen werden klar benannt und geben damit Rechtssicherheit.

Das Reinigungspersonal verfügt über eine Urkunde der Kategorie B nach VDI-MT 6022 Blatt 2 und VDI/ÖFR/SWKI-MT 6022 Blatt 8.1. Im Betrieb muss eine Person mit Urkunde der Kategorie A nach VDI-MT 6022 Blatt 2 eingebunden sein. Die vollständige Reinigung von RLT-Anlagen wird nachvollziehbar dokumentiert und dem Bauherrn oder Nutzer gegenüber rechtskräftig bestätigt. Die Eignung des Fachbetriebs muss durch folgende Dokumente nachgewiesen werden:

1.      Betriebshaftpflichtversicherung

2.      Qualitätsmanagementsystem, z.B. EN ISO 9001

3.      Selbstverpflichtungserklärung zur Einhaltung der länderspezifischen sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Regeln

4.      Betriebsanweisungen und Sicherheitsdatenblätter (auf Verlangen auszuhändigen)

 

Bernhard Hofer (l.) und Adrian Widmer (Hälg) in der Küche des Altersheims Bären Biglen
Bernhard Hofer (l.) und Adrian Widmer (Hälg) in der Küche des Altersheims Bären Biglen. (Foto: Andreas Stettler)

Bedarf nach Lüftungsreinigung – Besuch auf Landgasthof

Adrian Widmer ist Leiter Verkauf bei Hälg & Co. AG Lüftungsreinigung. Wir treffen uns vor dem «Bären Biglen», einem Pflegeheim im gleichnamigen ehemaligen Landgasthof. Bernhard Hofer vom technischen Dienst empfängt uns. Er hat den Lüftungsfachmann gerufen, weil er eine Gesamtbeurteilung des Lüftungssystems wünscht sowie von deren Reinigungsbedarf. Schliesslich ist er bzw. die Institution verantwortlich für den sicheren und sauberen Betrieb der Lüftungsanlagen.

Hofer führt uns in die Küche, wo Adrian Widmer mit routiniertem Blick sofort die neuralgischen Punkte findet, hier eine Klappe öffnet, dort in eine Abzugshaube leuchtet. Bereits wird ein mögliches Tageszeitfenster für die Lüftungsreinigung mit der ebenfalls anwesenden Kochequipe diskutiert. In der alten Gaststube sieht Adrian Widmer in den Zu- und Abluftkanälen nichts als verzinktes Blech – ein Indiz für Sauberkeit und somit gute Raumluft.

Es geht weiter in den Keller, wo Widmer den Monoblock inspiziert. Er schlägt Bernhard Hofer vor, die Reinigung in diesem Fall im Rahmen des Wartungsvertrags vom Gerätelieferanten ausführen zu lassen. Er hört aber sofort, dass die Anlage zu hochtourig läuft und dadurch unnötige Energie verbraucht. Sein Verdacht, dass das Lüftungsgitter an der Fassade teilweise verstopft sein könnte, wird sich gleich bestätigen: Im Rost haben sich u.a. Blätter verfangen.

Anschliessend sind die Abluftkanäle in der Waschküche, in der stillgelegten Kellerbar sowie die Lüftungsinfrastruktur im Wintergarten an der Reihe, inklusive des dazugehörigen Monoblocs vor dem Haus. Der Kunde könne hier die Reinigung selbst machen, meint der Profi, «reine Kosmetik». Insgesamt fällt die Beurteilung des Spezialisten also positiv aus, akute Brand- oder Hygienerisiken sind von Auge nicht auszumachen. Eine professionelle Lüftungsreinigung im Küchenbereich ist empfehlenswert, aber nicht zeitkritisch; Widmer wird ein entsprechendes Angebot machen.

Impressum

Textquelle: Andreas Stettler

Bildquelle: Hälg & Co AG, Michael Huwiler; Andreas Stettler

Bearbeitung durch: Redaktion Phase 5

Informationen

Firma
www.ask-olten.ch/

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