Menschen in Dulecha Tibirako, Äthiopien, die Wasser für zu Hause sammeln (Foto: Anna Wettlauffer).

Hälfte der Menschheit ohne sichere Trinkwasserversorgung

Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung verfügt nicht über eine sichere Trinkwasserversorgung laut einer aktuellen Studie unter der Leitung von Eawag-Forschenden. Dies zeigt eine globale Karte, welche die Forschenden mit Hilfe von maschinellem Lernen aufgrund von Daten aus Haushaltsbefragungen und Daten basierend auf Erdbeobachtungen erstellt haben.


Quelle: Eawag, Dübendorf


Der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist ein Menschenrecht und eines der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Doch für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung fehlen Daten, wie viele Menschen eine sichere Trinkwasserversorgung nutzen können. «Mit unserer Arbeit wollen wir dazu beitragen, diese Informationslücke zu schliessen», sagt Esther Greenwood, Doktorandin an der Eawag und Erstautorin der Studie, die vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert und in der Zeitschrift «Science» veröffentlicht wurde. Die Forschenden der Eawag entwickelten Modelle, um die Nutzung von sicheren Trinkwasserversorgungen in 135 Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen abzuschätzen; dies in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut und der Universität Basel.

Die Modelle wurden mithilfe von maschinellem Lernen auf der Grundlage vorhandener Datensätze aus Haushaltsbefragungen und Daten aus Erdbeobachtungen entwickelt. Das Resultat der Studie: Nur jeder dritte Mensch in den Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen hatte 2020 Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die Studie ergab auch, dass das Trinkwasser von fast der Hälfte der Bevölkerung in diesen Ländern durch Fäkalien verunreinigt ist und ein Drittel der Menschen Wasser von einer gemeinsamen Wasserstelle holen muss.

Globale Karten

Die von den Forschenden erstellten globalen Karten zeigen, wo eine sichere Trinkwasserversorgung am häufigsten fehlt: In ländlichen Gebieten einkommensschwacher Länder mit hohen Temperaturen und starken saisonalen Niederschlagsschwankungen. Gemäss den Karten haben in mehreren afrikanischen Ländern südlich der Sahara weniger als zehn Prozent der Bevölkerung sauberes Trinkwasser. «Wir schätzen, dass weltweit über vier Milliarden Menschen keine angemessene Trinkwasserversorgung haben», fasst Greenwood zusammen. Das ist ein bemerkenswertes Ergebnis, weil diese Zahl mehr als doppelt so hoch ist, wie die bisherige Schätzung von WHO und UNICEF, die in einem gemeinsamen Programm für die Überwachung des Trinkwassers zuständig sind. «Die Zahl der Menschen, deren grundlegendes Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser nicht erfüllt ist, könnte daher erheblich unterschätzt werden», sagt die Wissenschaftlerin.

Kombination aus Umfragen und Erdbeobachtungsdaten

Für ihre Studie verwendeten die Forschenden einerseits Daten, welche die UNICEF im Rahmen von Befragungen in über 60'000 Haushalten in 27 Ländern zwischen 2016 und 2020 erhob. Die Forschenden nutzen Informationen darüber, welche Art von Trinkwasserquelle die befragten Haushalte nutzten, wo sich diese befindet, ob die Befragten mit Wassermangel zu kämpfen hatten und ob das Wasser frei von fäkaler Kontamination ist. Andererseits verwendeten die Forschenden Geodaten, die auf Satellitenbeobachtungen basieren, sowie luft- und landgestützte Erdbeobachtungsdaten, die weltweit verfügbar sind.

Quellenangabe zur Studie (unter Zwischentitel "Originalpublikation") hier

Eawag-Direktor Martin Ackermann zur Studie

«Dass derart viele Menschen weltweit keinen vernünftigen Zugang zu sicherem Trinkwasser haben, muss uns zu denken geben. Weite Wege bis zur nächsten Wasserquelle und verschmutztes Wasser sind Hauptgründe für viel Leid und Krankheit. Das liesse sich vermeiden. Wir an der Eawag verfolgen mit unserer Forschung zwei Ziele.

Zur Vorsorge: «Wasserressourcen müssen besser geschützt werden. Denn an vielen Orten wäre ausreichend Fluss oder Seewasser vorhanden, aber dieses ist derart massiv verschmutzt, dass es als Trinkwasser ausser Betracht fällt.»

Zur Aufbereitung: «Wir müssen Methoden entwickeln und verbreiten, die eine sichere Wasseraufbereitung und -verteilung ermöglichen. Sie müssen auch unter veränderten klimatischen Bedingungen und gesellschaftlich-politisch ständig ändernden Verhältnissen funktionieren.»


Eawag-Engagement weltweit

Mit ihrer Forschung trägt die Eawag dazu bei, die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Developement Goals SDG) der Vereinten Nationen zu erreichen. In erster Linie unterstützt die Eawag Ziel 6: sauberes Trinkwasser und sanitäre Einrichtungen für alle. Viele Forschungsprojekte tragen jedoch auch zu den anderen Zielen bei. Mehr erfahren unter Forschung für die SDGs und konkrete Projekte. Weitere Infos im Magazin des Forschungsinstituts zum Eawag-Infotag 2023 Wasserforschung für nachhaltige Entwicklung und auf den Websites Trinkwasser- Die Qualität des Trinkwassers aufrechterhalten und Wasser und Entwicklung – Sicheres Trinkwasser und umfassende Sanitärversorgung.

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