Die Anschaffungs- und Betriebskosten für E-Fahrzeuge werden sich in Zukunft infolge des Fortschritts der Batterietechnologie rasch verringern. (Foto: E-Mobility)

Fahrzeugflotten elektrifizieren – aber wie?

Gebäudeklima Schweiz (GKS) kreiert neue Fachgruppen, um sich Kompetenzen anzueignen, die dem Wandel im Wärmemarkt Rechnung tragen. Ausserdem soll das Weiterbildungsangebot gestärkt werden. Viel zu reden gab das Referat zur Umstellung der fossilen Fahrzeugflotte auf E-Mobilität.


Text: Manuel Fischer


«Wir verstehen uns als Milizorganisation», sagte René Schürmann, Präsident von Gebäudeklima Schweiz (GKS), dem massgeblichen Verband der Hersteller und Importeure für Heizungs- und Lüftungstechnik-Komponenten anlässlich der Generalversammlung von Mitte Mai 2024 in Baden. Tatsächlich wird von den Chefs der Mitgliedsfirmen erwartet, dass sie sich in die diversen Fachgruppen (FG) (wie z.B. Brennwert Öl/Gas, Komfortlüftung, Wärmepumpen, Wärmeverteilung, Wassererwärmer) einbringen oder fachkundiges Personal aufbieten für den Austausch von Fachwissen.

Der Wärmemarkt wandelt sich; ergo müssen sich die Branchenvertreter innerhalb von GKS weitere Kompetenzen aneignen. So wird beispielsweise diskutiert, wie die integrale Qualitätssicherung bei Wärmepumpen grösserer Leistungsklassen (ab 15 kW bis x MW) vonstattengehen soll. Mit der starken Ausbreitung von thermischen Netzen in städtischen Gebieten drängt sich zudem die Bildung einer FG Fernwärme/Übergabestationen auf, da einige Lieferanten und GKS-Mitglieder Wärmeübergabestationen anbieten und sich hier künftig noch mehr Geschäftsgelegenheiten bieten.

Zur Sprache kam auch der aktuelle Rückgang beim Absatzmarkt für Wärmeerzeuger, insbesondere bei den Wärmepumpen. Mit einer leichten Erholung am Markt rechnet man ab zweiter Jahreshälfte und spätestens ab 2025.

Ohne berufliche Bildung kein Fachpersonal

GKS versteht sich auch als Bildungsanbieter. Servicemitarbeitende der GKS-Mitgliedsfirmen sorgen für funktionierende, saubere und effiziente Wärmesysteme. Für hochwertige Arbeit braucht es aber eine fundierte Ausbildung, abgestimmt auf die jeweiligen Einsatzbereiche. Deswegen wird der Lehrgang Fachfrau/Fachmann für Wärmesysteme als berufsbegleitende und modular aufgebaute Weiterbildung stark nachgefragt. Man versucht nun, die Frequenz des Weiterbildungsangebots zu erhöhen.
Ausserdem bietet GKS in Kooperation mit einem Bildungsinstitut den Lehrgang Fachfrau/Fachmann für Komfortlüftung an; eine Ausbildung im Bereich der Lüftungstechnik mit der Spezialrichtung Wohnungslüftungen.
Beide Lehrgänge sind modular aufgebaut und führen mit der eidg. Berufsprüfung zu einem eidgenössischen Fachausweis.

Firmen elektrifizieren schneller als Private…

Luc Tschumper, stellvertretender Direktor des Verbandes e-Mobility, brach als Gastreferent eine Lanze für die rasche Einführung des Elektroantriebs bei Firmenfahrzeugflotten. Seine These: «Unternehmen werden im Schnitt doppelt so schnell wie der Gesamtmarkt elektrifizieren.» Als Gründe dafür nannte er a) die Nachhaltigkeitsvorgaben, welche sich insbesondere grosse Unternehmen geben, dann b) die Intensität der Fahrzeugnutzung über eine kürzere Haltungsdauer. Und schliesslich müsse c) ein nach betriebswirtschaftlich operierendes Unternehmen sich der Kostenwahrheit noch stärker stellen als Privathaushalte. Denn die Anschaffungs- und Betriebskosten würden sich infolge des Fortschritts bei der Batterietechnologie rasch verringern. Was vor rund zehn Jahren galt, – Steckerfahrzeuge sind teurer und weniger leistungsfähig als Benziner – gelte heute schon nicht und in zehn Jahren erst recht nicht mehr. Tschumper skizziert eine disruptive Entwicklung, gekennzeichnet durch verkehrspolitische Vorgaben, verbesserter Wirtschaftlichkeit und technischem Fortschritt, die den Weg für Steckerfahrzeuge ebnen werde. Aktuell sei bei den Neuzulassungen bereits jedes dritte Auto ein Steckerfahrzeug (PlugIn-Hybrid oder  batterieelektrisches

Aber wie…?

Natürlich gibt es Herausforderungen bei der Transformation von der alten, bekannten Welt motorisierter Mobilität zu einer neuen Welt: So mussten sich Eigner und Nutzer von Benzinfahrzeugen bislang nicht um die Energieinfrastruktur kümmern. Seitens Fahrzeuge geht es um Preise/Leasingraten, die Anzahl verfügbarer Modelle und um die zentrale Frage der Reichweite. Dann geht es um die Ladeinfrastruktur: Wo und wann laden, wenn drei Viertel der Bewohner der Schweiz nicht in einem Eigenheim wohnen? Wo gibt es öffentliche Ladestationen und wie lange dauert ein Ladevorgang? Ist der Arbeitgeber bereit, in eine firmeneigene Ladeinfrastruktur zu investieren, so dass Laden während der Arbeitszeit möglich ist? Schliesslich die Fragen rund um die Förderung; in der Schweiz wird die Finanzierung von Ladestationen kaum gefördert und falls es Fördermittel gibt, sind diese höchst unterschiedlich ausgestattet – je nach Wohnort und Kanton.
Nebst dem Fragenkomplex um die Investitionskosten geht es auch um Knowhow innerhalb der Betriebe. Vielfach fokussieren sich die Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen. Der Betrieb und Unterhalt einer Flotte von Firmenfahrzeugen wurde einem externen Dienstleister übertragen. Aber das vorhandenes Wissen, Erfahrungswerte und das Netzwerk im Flottenmanagement sind nicht mehr aktuell. Dennoch muss Anwenderwissen hinsichtlich dem Betrieb von Steckerfahrzeugen aufgebaut und ausgetauscht werden können.

E-Flotte und Betriebsorganisation

Die von Referent Tschumper skizzierte strategische Vorgehensweise bei der Fahrzeugbeschaffung und der Standortbestimmung für Ladestationen war zwar nachvollziehbar. Dennoch waren gegen Ende des Vortrags auch kritische Voten aus der Zuhörerrunde zu vernehmen. Manche Firmenchefs monierten, dass ihre Servicemitarbeitenden zeitlich stark unter Druck stünden, der Ladevorgang viel zu langsam und die Reichweite von E-Fahrzeugen je nach Einsatzplan immer noch zu gering sei. Man wünschte sich wohl mehr Praxisbeispiele: Wo waren die Stolpersteine der Flottenumstellung? Wie überwand man sie?
Jedenfalls reifte bei diesem Austausch die kollektive Erkenntnis: Die Beschaffung einer E-Auto-Flotte geht nicht ohne ein taugliches Ladekonzept, das zu allen Situationen passt; ebenso muss die jetzige und künftige Betriebsorganisation analysiert werden.

 

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