«Zeitdruck gehört zum Berufsleben»
Aldis Durmisi ist an den letzten Swiss Skills während der Olma in St. Gallen zum «Schweizer Meister» als Lüftungsanlagenbauer EFZ erkoren worden. Seine noch junge Biografie zeigt: Man kann auch über Stolpersteine und Umwege zu hoch gesteckten Zielen gelangen.
Interview: Manuel Fischer, Fotos: Leo Boesinger
Gratulation zu Deinem Schweizer Meistertitel. Was hat Dich dazu bewogen, Dich an den Schweizer Meisterschaften anzumelden?
Aldis Durmisi: Danke sehr. Die Meisterschaften waren die Abrundung von allem. Ich erlebte eine gute Lehrzeit und konnte für den Lehrabschluss ein sehr gutes Resultat erzielen. Also wollte ich eine weitere Erfahrung wagen, d.h. mich ein wenig mit den Besten der Branche messen.
Hast Du Dich aus eigener Motivation angemeldet?
Auch vom Betrieb wurde ich dazu ein wenig angestachelt. Auch der üK-Leiter und Experte sagte: Es wäre schade, wenn ich mich nicht zu den Schweizer Meisterschaften anmelden würde.
Was erlebt man so an einer Meisterschaft? Du kannst nun zwischen dem Qualifikationsverfahren und einem öffentlich ausgetragenen Wettbewerb wie den Swiss Skills aus eigener Erfahrung vergleichen?
Den Lehrabschluss empfand ich vergleichsweise als einfache Herausforderung; es war bereits meine zweite Abschlussprüfung. Ich wusste schon, was mich erwartet. Man hat weniger Mühe mit der Situation, dass ein Experte einen befragt. Die Schweizer Meisterschaften waren hingegen völlig etwas Neues für mich, da war ich zu Beginn recht überfordert.
Du befindest Dich quasi auf einer Bühne.
Genau. Ich hatte es zu Beginn ziemlich unterschätzt. Der erste der beiden Tage, die wir für die Aufgabe zur Verfügung hatten, bereitete mir Mühe; ich kam nicht in den Tritt, ich dachte nicht, dass ich es noch schaffen werde. Am zweiten Tag ging es Gott sei Dank wesentlich besser, nachdem ich mich an die Umstände gewohnt hatte: Man muss unter Zeitdruck arbeiten und dann kommen noch Leute, die Fragen stellen. Man muss dafür Zeit finden, anständig bleiben, andererseits anderseits muss man zügig vorwärtskommen. Und bei den Plänen waren nur wenige Masse angegeben. Sie machten die Aufgabe absichtlich schwierig, damit man etwas zum Nachdenken hatte.
Im Verlaufe des Berufslebens wirst Du öfters mal solche Situationen antreffen, in denen man unter Zeitdruck und Stress ein Werk fertigstellen muss, ohne fahrlässig zu arbeiten.
Ja, es ist eine sehr gute Vorbereitung auf das Berufsleben danach, da man solche Situationen immer wieder meistern muss. Ich war noch an keinem Projekt beteiligt, in denen man keinen Zeitdruck erlebt hätte. Es gehört immer vieles dazu: Es ist ja nicht nur die Montage, sondern die Arbeitsvorbereitung, die Materialüberprüfung, und die Frage, mit welchen Handgriffen ich die Arbeit beginne.
Du hast bereits eine berufliche Grundbildung hinter Dir. Wie verlief diese?
Ich hatte zuerst Zimmermann gelernt. Leider hatte ich die Lehrabschlussprüfung nicht bestanden. Ich stellte mich zwar dem Qualifikationsverfahren, aber ich war in mehr als einem Fach nicht genügend und so kam ich zum Schluss, mich neu zu orientieren.
Du hättest eine Wiederholung versuchen können.
Ja, das hätte ich machen können. Aber ich war noch jung und war dazu überhaupt nicht motiviert. Ich war der Überzeugung, ich könnte auch sonst im Berufsleben bestehen, auch ohne Lehrabschluss. Mit mehr Lebenserfahrung ändert sich die Sichtweise.
Wie ging es weiter nach dem Missgeschick mit der ersten Berufslehre?
Der entscheidende Unterschied war, dass ich in der Erstlehre zu jung war; das Ganze hat mich nicht so interessiert. Deshalb fiel mir vieles schwer. Die Lüftungstechnik aber hat mich zu Beginn weg mehr interessiert. Dann geht der zu lernende Stoff einfacher in den Kopf, wenn man wissen will, wie etwas funktioniert.
Es hat auch mit der Qualität der Betreuung im Lehrbetrieb zu tun, ob es einem gefällt.
Ja, das ist so. Das macht sehr viel aus. Meier-Kopp bot ein viel besseres Umfeld als der Betrieb meiner Erstlehre. Das Unternehmen kümmert sich sehr um Auszubildende. Man gibt Lernenden Zeit für Aufgaben, man kümmert sich um ihre Situation, hakt nach, belohnt Lernende bei guten Leistungen. In Vorbereitung auf den Lehrabschluss, konnte ich die Aufgabenstellung nachbauen. Ein Top-Ausbildungsbetrieb, der weder an Material noch an Zeit sparte.
Wie war die Situation in der Berufsschule als deutlich Über-Zwanzigjähriger in einer Klasse mit deutlich Jüngeren?
Ich hatte Glück. In unserer Klasse hatte es noch drei andere Kollegen, die sogar noch etwas älter waren als ich. Es hat auch mit der Qualität der Betreuung im Lehrbetrieb zu tun, ob es einem gefällt.
Mit etwas Distanz Deinen Beruf betrachtend: Was braucht es für Fähigkeiten, um als Lüftungsanlagebauer erfolgreich zu sein? Handwerkliches Geschick?
Zwei linke Hände sollte man zwar nicht haben. Aber das ist nicht das wichtigste. Man sollte gerne Bewegung im Alltag haben; es sollte einem nichts ausmachen, draussen zu arbeiten. Es braucht auch ein gutes Vorstellungsvermögen. Ich sage immer: Es ist wie Lego für Erwachsene. Und ansonsten geht man nach Plan vor: Das meiste ist ja beschriftet und man montiert nach Gebrauchsanleitung.
Lüftungsanlagen beeindrucken nicht selten durch ihre Dimensionen. Welches war bislang das grösste Projekt, woran Du mitwirken konntest?
Das war das ZSC-Stadion in Altstetten. Hier hatten wir Riesenkanäle von Durchmesser bis knapp zwei Meter zu bewältigen. Es erfüllt einen mit Stolz, wenn man sieht, was man gebaut hat. Die Firma hat unser Team übrigens als Dankeschön für die gute Auftragserfüllung zu einem ZSC-Spiel eingeladen.
Du arbeitest immer noch im gleichen Unternehmen, nun als Angestellter. Hast Du schon Pläne für die Zukunft?
Ich könnte mir gut vorstellen, mehr Verantwortung zu übernehmen. Ein Schritt in diese Richtung wäre die Ausbildung zum Chefmonteur. Mittelfristig möchte ich auch ganze Projekte leiten.
Angenommen, Jugendliche fragen Dich um Rat bei der Berufswahl. Was würdest Du sagen?
Sich nicht auf eine Richtung festlegen. Es geht darum, Perspektiven zu erweitern. Man weiss nicht, ob etwas zu einem passt, wenn man es nicht ausprobiert.
Lüftungsanlagenbauer / in EFZ
Kenntniserwerb
Lüftungsanlagenbauer/innen produzieren oder montieren Lüftungs- und Klimaanlagen für öffentliche und private Gebäude und Bauwerke wie Geschäfte, Krankenhäuser oder Tunnels.
Lüftungsanlagenbauer/innen koordinieren ihre Arbeit mit den Berufsleuten verschiedener Bauberufe (z.B. Gebäudetechnikplaner/innen). Je nach auszuführender Arbeit tragen sie Schutzkleidung, etwa Helm, Gehörschutz, Brille oder Handschuhe.
a) Produktion in der Werkstatt
- Zeichnungen und Pläne der Teile lesen, die hergestellt werden müssen
- Benötigtes Material abschätzen und Lieferfristen festlegen
- Skizzen anfertigen, anschliessend das Blech nach Vorgaben auswählen, zuschneiden
- Metallbleche unter Einhaltung der Sicherheitsvorschriften biegen
- Lüftungskanäle, Armaturen, Verbindungsstücke und Bauelemente von Hand oder mithilfe von Maschinen herstellen (Regel- oder Verschlussklappen, Griffe, Schallschutzvorrichtungen, Luftansaug- oder Luftabzugsgitter)
- Verschiedene Teile durch Heften, Schrauben, Kleben, Schweissen oder Löten zusammensetzen, Dichtheit sowie Qualitätsnormen überprüfen
b) Montage auf der Baustelle
- Montagepläne studieren und Aufwand abschätzen
- Installationsskizzen zeichnen, Lage der einzelnen Teile markieren sowie Geräte an den gewünschten Ort liefern lassen
- Lüftungsrohrsysteme zusammenbauen, installieren und befestigen
- Armaturen und Luftgitter (manchmal in grosser Höhe) montieren, die Installation fertigstellen und mit der Projektleitung kontrollieren
- Regel-, Kontroll- und Alarmgeräte anschliessen, Druckerhöhung testen, Lecks feststellen und beheben
- Anlage in Betrieb nehmen, Anlage für spätere Wartungsarbeiten beschriften, Nutzer/innen die Funktionsweise der Anlage erklären
Anforderungen
Handwerkliches Geschick, praktisches Verständnis, technisches Verständnis, räumliches Vorstellungsvermögen, körperliche Beweglichkeit, robuste Gesundheit und Teamfähigkeit sind Voraussetzungen.
Ausbildung allgemein: 3 Jahre Grundbildung im Betrieb mit jeweils einem Tag Berufsschule pro Woche. Zertifikat nach absolviertem Qualifikationsverfahren: Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis «Lüftungsanlagenbauer/in EFZ». Für Jugendliche mit guten bis sehr guten Schulleistungen besteht die Option der Berufsmaturitätsschule, während oder nach der schulischen Grundbildung mit der Zusatzqualifikation «Berufsmaturität». In überbetrieblichen Kursen werden berufliche Grundlagen vertieft.
Ausbildungsschwerpunkte: Berufskunde, Allgemeinbildung, Sprache und Kommunikation, Gesellschaft, Sport, Material- und Werkzeugkunde, Schweiss- und Löttechniken, Fachzeichnen und Skizzieren, Werkstücke verbinden.
Mehr erfahren unter:
www.toplehrstellen.ch
Impressum
Textquelle: Manuel Fischer
Bildquelle: Leo Boesinger
Bearbeitung durch: Redaktion Phase 5
Informationen
Firma
www.phase5.ch
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