Gemeinden sollten wissen, in welchen Liegenschaften Ölheizungen installiert worden sind. Ein von der HSLU entwickeltes KI-Modell prognostiziert aufgrund öffentlich zugänglicher Daten des Gebäude- und Wohnungsregisters den verbauten Heizungstyp. (Bild: iStock)

Künstliche Intelligenz (KI) spürt alte Ölheizungen auf

Ein KI-Modell lokalisiert fossile Heizungen aufgrund öffentlich zugänglicher Daten des Gebäude- und Wohnungsregisters. Wichtige Eigenschaften für die Vorhersage sind unter anderem Koordinaten, Gebäudealter und Renovationsjahr, Anzahl Stockwerke sowie die Fläche der Gebäude und die Art der Gebäudenutzung.

Gut 80 Prozent der alten Ölheizungen werden heute immer noch durch neue Ölheizungen ersetzt. Das Gleiche gilt für Gasheizungen. Damit bleibt der CO2-Ausstoss der Heizung für die nächsten 20 bis 30 Jahre der gleiche. Die Klimaziele des Bundes sehen jedoch vor, dass die Schweiz bis 2050 klimaneutral wird. «Heizungen spielen dabei eine wichtige Rolle, denn ein Drittel der Energie wird hierzulande in Wohngebäuden verbraucht; fast die Hälfte davon nach wie vor durch Öl oder Gas», erläutert Esther Linder, Energie-Expertin an der Hochschule Luzern (HSLU). Gemeinden hätten die Möglichkeit, die Besitzerinnen und Besitzer von Ölheizungen über Alternativen, Subventionsmöglichkeiten bei der Installation und über die langfristigen Ersparnisse durch Alternativen zu informieren. Dazu allerdings müssten sie wissen, wo eigentlich Ölheizungen installiert sind. «Die entsprechenden Register führen die Kantone. Allerdings gibt es dabei doch recht viele Lücken», sagt Esther Linder.

Rechtzeitig Heizungsersatz planen

«Eine neues Heizsystem braucht Planung. Wenn das alte im Winter kaputtgeht, hat man natürlich dafür keine Zeit und ersetzt dann einfach schnell das, was man vorher hatte, wieder mit dem gleichen System», hält Linder fest. Umso wichtiger sei es, rechtzeitig mit einem abgestimmten Beratungsangebot an die Personen zu gelangen. Der erste Schritt hierfür ist es, zu wissen, wo aktuell fossile Heizungssysteme installiert sind. Das Team des HSLU-Kompetenzzentrums Thermal Energy Storage hat nun gemeinsam mit geoimpact AG ein Modell entwickelt, das fossile Heizungen lokalisiert. «Wir haben dafür mit Machine Learning gearbeitet», erklärt Linder. «Das Modell haben wir mit öffentlich zugänglichen Daten des Gebäude- und Wohnungsregisters trainiert.» Die Daten wurden geteilt; etwas mehr als zwei Drittel diente dem Training, mit den restlichen Daten konnte das Team die Resultate überprüfen. Wichtige Eigenschaften für die Vorhersage sind unter anderem Koordinaten, Gebäudealter und Renovationsjahr, Anzahl Stockwerke und Flächen im Gebäude sowie Angaben zur Nutzung der Gebäude.

Visualisierung der Genauigkeit der Vorhersage für verschiedene Heizsysteme. So bedeutet z.B. 0,72 in der Diagonalen, dass 72% der vorhergesagten Ölheizungen aus dem Testset auch Ölheizungen sind. (Bild: HSLU/Thermal Energy Storage)

Für alle Gemeinden tauglich

Zunächst wurde ein Modell für alle 1957 Gemeinden erstellt, anschliessend ein Modell für die 158 Bezirke und schliesslich eines für die gesamte Schweiz. Auf Gemeindeebene ist das Modell am genauesten. Hier erreicht es eine Treffsicherheit von gegen 80 Prozent. «Bei Machine Learning gilt es immer abzuwägen zwischen Genauigkeit, Vollständigkeit und Aufwand. Wir haben festgestellt, dass der Streuverlust einer Informationskampagne in den Gemeinden massiv verringert werden kann», sagt Linder.

Modell wird von BFE unterstützt

Das Modell wird nun für ein vom Bundesamt für Energie unterstütztes SWEET EDGE-Projekt zu einem Empfehlungsprogramm weiterentwickelt, in dem Gemeinden bei der Energieplanung unterstützt werden sollen. Darüber hinaus soll es perfektioniert werden, indem es lernt, auch das Alter der Heizungen zu erkennen. Esther Linder ergänzt: «Gemeinden, die das Modell nutzen und gleichzeitig weiterentwickeln wollen, sind willkommen.»

Forschungsprogramm SWEET-EDGE
Zur Erreichung der in der Energiestrategie 2050 verankerten Ziele hat das Bundesamt für Energie das Forschungsprogramm SWEET ins Leben gerufen, das sich in verschiedene Unterprogramme gliedert. SWEET EDGE hat zum Ziel, die Nutzung lokaler, dezentraler und erneuerbarer Energien in der Schweiz zu beschleunigen und sicherzustellen, dass bis 2035 und 2050, wenn ehrgeizige Anteile erneuerbarer Energien erreicht werden sollen, das Schweizer Energiesystem technisch und wirtschaftlich optimal sowie sicher betrieben werden kann und auf den europäischen Märkten gut positioniert ist. Insbesondere geht es darum, eine regionalisierte Analyse durchzuführen, die konkret auf die Schweizer Städte, das Mittelland und die Alpen zugeschnitten ist. Die Hochschule Luzern ist insbesondere mit der Entwicklung des Empfehlungswerkzeuges für Gemeinden sowie dem Anwenden des Werkzeuges auf Testgebieten beteiligt.
www.sweet-edge.ch

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