Auditorium war im Trafo Baden
Das Auditorium war im Trafo Baden sehr gut besetzt.

Unter diesem Motto wagten die Organisatoren des 2. Schweizer Gebäudetechnik- und Planertags, die ganz grossen Perspektiven den Sorgen und Problemstellungen im Alltag der Fachplanungsbüros und des ausführenden Gewerbes bei Renovationsprojekten gegenüberzustellen.


Text:: Manuel Fischer


Im Unterschied zu Gebrauchsgegenständen im Haushalt oder zu Autos weist ein Gebäude eine viel längere Nutzungsdauer aus. Deshalb ist es weder realistisch noch nachhaltig, ein Haus innerhalb weniger Jahrzehnte abzureissen und auszuwechseln.

Support für diesen langsam sich ausbreitenden Konsens in der Branche bekam die Zuhörerschaft von Thomas Rau. Der im Amsterdam wirkende Architekt und Autor des Buches «Material matters» ist weltweit bekannt geworden für seine Mission, Alternativen zum bisherigen Produzieren und Konsumieren zu entwickeln; weg von «Wertvernichtungsketten zu Werterhaltungsketten». Das Auditorium merkte sich die Sätze: «Wir leben auf der Erde; einem geschlossenen System. Deshalb ist alles wertvoll.» Und ebenso daraus folgernd: «Abfall ist Material ohne Identität.» Sehr häufig ist es aber so, dass Gebäudebesitzer oder –betreiber sehr wenig bis nichts über die verbauten Materialien und deren Eigenschaften wissen. Aus dieser Ausgangslage entstand die Agentur Madaster, welche für Immobilienbesitzer ein Online-Register zu verbauten Bauteilen und Materialien erstellt. Rau präsentierte ein neues Bankgebäude, das sich bestehender Bauten einer Gewerbezone als Materialdepot bediente.

Thomas Rau, Architekt und Vordenker des zirkulären Wirtschaftens
Thomas Rau, Architekt und Vordenker des zirkulären Wirtschaftens: «Wir leben auf der Erde; einem geschlossenen System. Deshalb ist alles wertvoll.»

Investitionsschwäche, Energiepolitik

Bevor der Kongress ins Konkrete herabstieg, erhielt Zukunftsforscher Georges Roos die Gelegenheit, mit dem grossen Pinsel die grossen Megatrends der nächsten zwei Dekaden zu malen. Roos‘ Spielwiese sind die Megatrends – Veränderungen, die sich langfristig abzeichnen, global spürbar und auf jedes Feld der menschlichen Gesellschaft einwirken – Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und manches mehr. Interessantes war zu hören zur demografischen Transformation. Trotz Zunahme der Einwohnerzahl wird die Erwerbsbevölkerung bis 2040 stabil bleiben. Noch bedeutender ist der Blick in soziodemografische Umbrüche. Immer weniger Familien, dafür immer mehr Ein- und Zweipersonenhaushalte bevölkern die Wohnungen der Schweiz; ergo ist von 4,7 Mio. Wohneinheiten für 2050 auszugehen (gegenüber 3,8 Mio. heute). Und ein Tipp an die Branche: Bio-Transformation könnte «nächste grosse Ding» sein; Baumaterialien aus dem Bioreaktor eine mögliche Konsequenz daraus.

Mit dem Feldstecher der Wirtschaftsprognostik schaute Klaus Abberger von der KOF-Forschungsstelle der ETH Zürich in die mittelfristige Zukunft und wies auf die zunehmenden Diskrepanz zwischen der Investitionsschwäche (in der Schweiz wie in der EU) und der robusten Konsumentwicklung im Inland hin. Die Wachstumsimpulse für 2025 und 2026 seitens Bau- und Ausrüstungsinvestitionen ans Bruttoinlandprodukt seien zu bescheiden, um von Aufschwung zu reden; innerhalb des ersteren Segments seien mehr positive Signale aus dem Tiefbau als aus dem Hochbau und dem Ausbaugewerbe zu vernehmen. Der Post-Corona-Materialmangel infolge plötzlich anziehender Nachfrage scheint zwar behoben; der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften bleibt.  

Olivier Brenner, stv. Generalsekretär der Energiedirektoren der Kantone (EnDK) stellte den Entwurf der Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2025) vor. Interessant war eine mehrfarbige Momentaufnahme der Schweiz zur «dominierenden Heizenergiequelle der Gebäude 2023» auf Stufe Gemeinde; da gibt es Holzenergie-Regionen (Entlebuch, Emmental), Erdgas-Regionen (Gross- und Kleinstädte, Kanton Waadt), Heizöl-Regionen (ländliche Gebiete) und einen Tupfer Fernwärme (Basel-Stadt). Der MuKEn-Entwurf umreisst die wichtigsten Grundsätze: So sollen a) die Energieeffizienz ungenügend wärmegedämmter Gebäude weiter verbessert werden und b) auch bei bestehenden Gebäuden nur noch erneuerbare Heizsysteme zum Einsatz kommen und c) die erneuerbare Stromproduktion auf bestehenden Gebäudehüllenflächen gefordert und gefördert werden. Hierbei sind Befreiungen von dieser Pflicht bei selbstgenutztem Wohneigentum oder bei Bagatellsanierungen vorgesehen.

Olivier Brenner, stv. Generalsekretär der Energiedirektoren der Kantone (EnDK)
Olivier Brenner, stv. Generalsekretär der Energiedirektoren der Kantone (EnDK) stellte den Entwurf der Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2025) vor.

Problemstellungen aus der Praxis

In der Break-out-Session «Zuständigkeit im Umbauprojekt – Wer macht was?» lotete Matthias Gerber, stv. Geschäftsführer von Outlog AG, die Vor- und Nachteile der üblichen Vertragskonstrukte aus – genannt wurden a) Einzelverträge mit der Bauherrschaft, b) Generalplaner- und Generalunternehmer-Verträge und c) den Totalunternehmer-Vertrag. Mitspracherechte und Einfluss auf die Kosten werden zwar bei c) als günstiger eingestuft. Doch einer anschliessenden Diskussionsrunde mit einem Fachplaner und einem ausführenden Unternehmer waren auch Zwischentöne zu vernehmen. Der Fachplaner machte – trotz schlechtem Ruf – gute Erfahrungen mit b) – also der Federführung durch eine Generalplanung.

Matthias Gerber, stv. Geschäftsführer von Outlog AG
In der Break-out-Session «Zuständigkeit im Umbauprojekt – Wer macht was?» lotete Matthias Gerber, stv. Geschäftsführer von Outlog AG, die Vor- und Nachteile der üblichen Vertragskonstrukte aus.

Fabian Widmer von der Klimag-Gruppe sprach von der Aufwertung der Immobilie und der gesteigerten Gesamtnutzungsdauer dank eines Modernisierungsprojekts. Wichtige Bedingungen: Eine gut informierte und vorbereitete Bauherrschaft, eine seriöse Bestandsaufnahme, die Pflege eines partnerschaftlichen Umgangs zwischen den Beteiligten, klare Termine. Widmers Schlusswort: «Eine vertrauensbildende Kommunikation ist das Fundament jeder erfolgreichen Umbauprojekts.»

Moderator Michael Sokoll
Moderator Michael Sokoll leitete durch den ganztägigen Kongress.
Heinz Frei, Rollstuhlspitzensportler
Für ein emotionales Schlussbouquet sorgte Heinz Frei, Rollstuhlspitzensportler. Mit seiner bewegten Lebensgeschichte macht er allen Mut, nach einem Sturz wieder aufzustehen.

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