Rishiyanth Sabaratnam liess schon früh sein Talent durchschimmern: «Als Teenager habe ich begonnen, nebst dem Gamen am Computer auch zu zeichnen.» (Bilder: Danielle Liniger)

"Jede Lüftungsanlage ist ein Einzelstück"

Der 18-jährige Rishiyanth Sabaratnam zeichnet gerne am Computer, und zwar technisch. In seiner Lehre zum Gebäudetechnikplaner EFZ lernt er, Lüftungen zu planen, die energieeffizient sind. Die Teamarbeit ist dabei zentral. Bei eicher+pauli in Bern wird er optimal für eine gelingende Kommunikation zwischen Fachkräften geschult.


Text: Bettina Hägeli


Zwei Bildschirme stehen auf Rishiyanth Sabaratnams Pult. Auf dem linken sieht man einen Plan mit verschiedenfarbigen Linien, der rechte zeigt, in 3D und ebenfalls in Farbe, einen Raum mit Rohren. Laien könnten höchstens vermuten, was hier dargestellt ist, doch Rishiyanth Sabaratnam springt ein: «Ich plane Lüftungsanlagen», erklärt er zuvorkommend. Er hat im Sommer 2021 die Lehre zum Gebäudetechnikplaner Lüftung EFZ angefangen und ist nun im zweiten von vier Lehrjahren. «Ich wurde in der Schule von meinem Zeichenlehrer gefördert, denn ich habe immer gerne technisch gezeichnet», sagt der 18-Jährige bescheiden. Dass er darin auch gut ist, wird im Verlauf des Gesprächs mit ihm und seiner Lehrmeisterin Monika Müller immer wieder durchschimmern. «Als Teenager habe ich begonnen, nebst dem Gamen am Computer auch zu zeichnen. Ich habe mir dabei dreidimensionales Zeichnen selbst beigebracht», erzählt der Lernende.

Die richtigen Fragen stellen

Nachdem ihm sein Klassenlehrer im neunten Schuljahr den Beruf des Gebäudetechnikplaners vorgeschlagen hatte, bewarb sich Rishiyanth für ein dreitägiges Schnupperpraktikum beim Planungs- und Beratungsbüro eicher+pauli in Bern. Und er wurde eingeladen. Während der drei Tage konnte er in die beiden Bereiche Lüftung und Heizung reinschauen. «Eigentlich gibt es keinen offensichtlichen Grund, warum ich mich schliesslich für die Lüftung entschieden habe. Die Lüftungsplanung hat mir einfach noch mehr zugesagt.» Im Nachhinein sei er jedoch froh, so gewählt zu haben. Denn die Lüftung ist am Bau oftmals sichtbarer als die Heizung. Monika Müller, seine jetzige Ausbildnerin, hat während der drei Tage sein Talent gewittert: «Wenn die jungen Menschen hier schnuppern, sind sie meistens sehr schüchtern. Auch am Anfang der Lehre muss ich noch herausspüren, ob die Lernenden meine Anweisungen tatsächlich bereits verstanden haben oder ob sie noch Wissenslücken haben, sich aber nicht trauen, Fragen zu stellen.»

Junge Menschen begeistern

Im Planungs- und Beratungsbüro eicher+pauli in Bern gibt es insgesamt vier Lernende in unterschiedlichen Lehrjahren, zwei für die Lüftungs- und zwei für die Heizungsplanung. An allen acht Standorten von eicher+pauli arbeiten insgesamt 190 unterschiedliche Berufsleute zusammen. Deswegen ist eine ineinandergreifende Teamarbeit zentral. Rishiyanth muss mit den Architektinnen, Sanitärinstallateuren und Bauleiterinnen seine Aufgabe vorbesprechen und seine Pläne abstimmen. Monika Müller erklärt, dass die Arbeit der Lernenden von Anfang an als ein wichtiger Teil des ganzen Prozesses aufgenommen wird: «Das, was Rishiyanth plant, wurde von Beginn seiner Lehre an in Projekte integriert. Seine Pläne sind nicht einfach nur ein Probelauf.»

Die Firma pflegt flache Hierarchien. Das zeigt sich auch darin, dass sich alle duzen. «Ich musste mich anfänglich daran gewöhnen, dass ich meiner Lehrmeisterin <du> sagen darf», gibt der junge Berner zu. «In der Schule habe ich die Lehrpersonen gesiezt, und ich fühlte mich oft nicht so ernst genommen wie jetzt hier.» Um auf die Möglichkeit einer Schnupperlehre aufmerksam zu machen, bespielt die Firma Plattformen wie Yousty und gibt dort Einblick in den Alltag der Lernenden. «Bei dem Fachkräftemangel ist es wichtig, die Jungen für unseren Beruf der Gebäudetechnikplanung zu begeistern», betont Müller.

 

«Ganz oft passieren mir noch Fehler», gesteht Rishiyanth ein, «zum Glück aber immer nur am Bürotisch.»

Eine gute Grundbildung

Rishiyanth lehnt sich über ein Stehpult und überprüft einen Ausdruck seines Plans. Mit Leuchtstift markiert er den Verlauf der Rohre. «Am Computer muss ich bei der Berechnung und Planung einer Lüftungsanlage Schritt für Schritt vorgehen und dabei Richtlinien und Normen einhalten. Ich erstelle einen Plan, den ich dem Lüftungsunternehmen und dem Bauleiter übergeben muss, sobald die Umsetzung auf der Baustelle beginnt.» Das Schöne an dem Beruf sei, dass der eigene Plan von wiederum anderen Fachleuten umgesetzt werde. Die Lüftung sei später «zum Anfassen» in einem Keller montiert, so der Lehrling. Und die Lehrmeisterin fügt hinzu, dass jede Lüftungsanlage ein Einzelstück sei, denn sie werde sowohl auf die jeweilige bauliche Situation als auch auf Kundenbedürfnisse angepasst. «Ich achte bei der Auswahl von Lernenden auf ihr räumliches Vorstellungs- und ihr Abstraktionsvermögen», sagt Müller. «Dann schauen wir auf die Zeugnisse, vor allem die Noten in Mathematik und Physik sind ausschlaggebend, und sprechen mit den Lehrpersonen. Und ganz wichtig ist die Freude, am Computer zu arbeiten. Wenn dann jemand zudem noch neugierig ist und sich ins Team einbringen mag, stehen die Chancen gut, dass wir jemanden für eine Lehre aufnehmen.»

Gebäudetechnikplaner sei eine gute Grundbildung für die Bereiche Technik und Energie. Man kann die Berufsmatur neben der Lehre oder nach dem Lehrabschluss in einem Jahr konzentriert absolvieren. Einer beruflichen Weiterentwicklung sind danach keine Grenzen gesetzt. Es gibt an diversen Universitäten und Fachhochschulen in der Schweiz Studiengänge für Gebäudetechnik-Engineering oder auch für Umweltwissenschaften. «Wenn unsere Lehrlinge abschliessen, haben sie einen hohen Arbeitsmarkwert und finden sehr schnell eine Stelle», meint Müller und ergänzt: «Aber wenn sie gut sind, möchten wir sie gerne behalten»  ̶  und schaut verschmitzt in Richtung Rishiyanth.

Am Puls der Klimadebatte

Monika Müller liebt technische Zusammenhänge und deren Planung. Zudem ist ihr die Überschaubarkeit eines Projekts wichtig. Sie möchte sehen, was sie geschaffen hat. Manchmal muss sie an einem Anlass von ihrem Mann erinnert werden, dass sie nicht an die Decke schaut und die Lüftung analysiert. Als sie den Beruf der Gebäudeplanerin ergriff, waren Frauen in diesem Beruf eine Seltenheit. Rishiyanth kann nun anderes berichten: «Bei mir in der Berufsschulklasse sind von 20 Lernenden vier Frauen.» Der Beruf bietet jungen Männern und Frauen die Chance, sich betreffend Klimafragen konkret einzubringen. Denn man kann die Energieeffizienz mit der eigenen Planung direkt beeinflussen. Eicher+pauli setzen stark auf den nachhaltigen Umgang mit der zur Verfügung stehenden Energie. Das Planungs- und Beratungsbüro, das 1986 von Professor Hanspeter Eicher und Hans Pauli gegründet wurde, hat bis jetzt mehr als 10’000 Projekte umgesetzt und damit mehr als eine Million Tonnen CO2 eingespart. Das macht den Beruf der Gebäudetechnikplanung sehr aktuell und verspricht jungen Menschen, dass sie sich beruflich für den Kampf gegen den Klimawandel einbringen können. Rishiyanth macht es Freude, wenn er mit seinem selbst erstellten Plan den Energieverbrauch vermindern kann: «Das gibt ein gutes Gefühl.»

Vertrautheit schafft ein optimales Lernklima

Die Firma eicher+pauli in Bern kann Projekte im Stadtkern Bern und in der gesamten Region vorzeigen, in behördlichen und öffentlichen Gebäuden. Auf der Baustelle zeigt sich jeweils, ob der Plan von Rishiyanth tatsächlich aufgeht. Nach Abschluss der Installationen, anlässlich der Inbetriebnahme, misst er in einem der Messlöcher, die sonst mit einer Dichtung verschlossen sind, die Temperatur. Die Messwerte geben ihm Auskunft darüber, ob die von ihm geplante Lüftung optimal funktioniert. «Ganz oft passieren mir noch Fehler», gesteht Rishiyanth ein, «zum Glück aber immer nur am Bürotisch.» Ihn auf Fehler aufmerksam zu machen, damit er diese vor dem Bau ausmerzt, dafür steht ihm seine Lehrmeisterin zur Verfügung. Das Vertrauen im Team stimmt. Über Unachtsamkeiten kann man im Nachhinein gemeinsam lachen, denn man ist sich einig: Aus Fehlern lernt man - und meistens richtig viel.

 

Gebäudetechnikplaner/in Lüftung EFZ

Kenntniserwerb

Kennenlernen der Bauteile und Funktionen (Umwandlung, Verteilung, Quellen) raumluft-technischer Anlagen
Planen energiesparender Lüftungs- und Klimaanlagen
Berechnen der Masse und Kosten der Anlagen
Überwachen der Montage und der Inbetriebnahme
Erstellen von Offerten und Materiallisten

Ansprache, Anforderungen

Aktuelle Berufsbildungskampagnen legen den Schwerpunkt auf die vielfältigen und attraktiven Perspektiven im Berufsbild. Jugendliche erreicht man unmittelbar in der Du-Form; Neugier soll geweckt, Unsicherheit vor dem Unbekannten abgebaut werden.

Natürlich gibt es wünschenswerte Eigenschaften für einen Einstieg in diesen Beruf: Wichtig sind Abstraktionsvermögen und räumliches Vorstellungsvermögen sowie Interesse am technischen Zeichnen sowie, ebenso exakte Arbeitsweise. Wünschenswert sind in diesem Beruf auch Verhandlungsgeschick, eine Prise Organisationstalent, Ausdauer, selbstständiges Arbeiten. Interesse an Physik macht ebenso Sinn.

Ausbildung allgemein

4 Jahre berufliche Grundbildung inkl. Praktika im Magazin, in der Werkstatt und auf der Baustelle mit jeweils einem Tag Berufsschule pro Woche. Zertifikat nach absolviertem Qualifikationsverfahren: Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis «Gebäudetechnikplaner/in Lüftung EFZ». Für Jugendliche mit guten bis sehr guten Schulleistungen besteht die Option, die Berufsmaturitätsschule zu besuchen – während oder nach der schulischen Grundbildung mit der Zusatzqualifikation «Berufsmaturität».

Ausbildungsschwerpunkte

Mathematik, Physik, Baukonstruktionstechnik, Chemie, Informatik, Elektrotechnik oder Werkstoffe. Aber auch allgemeine Themen wie Arbeitssicherheit und Brandschutz, Betriebsorganisation sowie Nachhaltigkeit sind Teil der Ausbildung; nicht zu vergessen die Allgemeinbildung und der Sport.

Details unter toplehrstellen.ch

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