Nadine Karlen konnte in ihrer Masterarbeit zeigen, wie mittels des DustEar-Verfahrens einzelne Partikel mit einer Masse grösser als rund 50 Pikogramm detektiert werden können. (Bild: FHNW, Institut für Sensorik und Elektronik)

Neues Messprinzip für Luftqualitätsüberwachung

An der Fachhochschule FHNW in Brugg-Windisch wurde ein neuartiges Aerosolmessverfahren namens DustEar entwickelt, das Partikel akustisch detektiert. Dieses Messprinzip mit seiner robusten und direkten Messung leistet einen wichtigen Beitrag im Bereich der Aerosolüberwachung. Nadine Karlen wurde für Ihre Arbeit mit dem Swiss Aerosol Award 2022 ausgezeichnet.

Besonders die letzten 2 Jahre waren Begriffe wie Aerosol und Aerosolkonzentration in aller Munde. Die menschliche Gesundheit wird durch eine hohe oder langfristige Aerosolkonzentration beeinträchtigt. Aufgrund ihrer geringen Grösse können Aerosolpartikel über die Atemwege in die Lunge und auch in den Blutkreislauf gelangen, wo sie schwerwiegende Krankheiten verursachen können. Daher werden von der WHO-Grenzwerte für Aerosol-Massekonzentrationen festgelegt, die überwacht werden müssen.

Komplexe Wechselwirkungen

Aufgrund der Heterogenität der Aerosolkonzentrationen und ihrer komplexen Wechselwirkungen mit der Umwelt erfordern Langzeitmessungen der Luftverschmutzung sowohl eine hohe räumliche als auch zeitliche Auflösung für zuverlässige Aussagen über Schwankungen oder Trends. Derzeit gibt es keine direkte Möglichkeit, massenbasierte Expositionswerte oder Feinstaubkonzentrationen an bestimmten Orten in Echtzeit zu bestimmen. Um diese Lücke zu schliessen, ermöglicht «DustEar» zuverlässige und kostengünstige Partikelmessungen.

Hinweise auf Aerosolquellen

Das von Nadine Karlen entwickelte DustEar-Messprinzip basiert auf der Funktionsweise eines Impaktors: Partikel werden in einer Düse auf eine kontrollierte Geschwindigkeit beschleunigt und prallen anschliessend auf einen Piezo-Wandler, der als Impaktorplatte dient. Jedes einzelne Teilchen erzeugt dabei einen Impulsübertrag auf den Piezo-Wandler, der als charakteristischer Pulszug im Signal sichtbar ist. Die Amplitude jedes Signalpulses ist proportional zur Masse des jeweiligen impaktierten Partikels. Dieser neue, innovative Ansatz ermöglicht eine genaue Charakterisierung der Massenverteilung und damit die Partikel-Massenkonzentration wie bspw. PM10 oder PM2.5, welches regulierte Parameter bei der Überwachung der Luftqualität sind. Darüber hinaus liefert die gemessene Massenverteilung wichtige Hinweise auf Aerosolquellen und -typen – dies ist zur Untersuchung der Wirksamkeit von Massnahmen zur Verringerung der Luftverschmutzung von Bedeutung.

Vorteile des neuen Messverfahrens

Die heute gängigen Methoden zur Messung der Partikel-Massenkonzentration basieren einerseits vor allem auf der Filtration der Aerosolpartikel und leiden unter Verdunstungs- und Kondensationsartefakten. Andererseits messen kostengünstige Sensoren nicht direkt die Masse, sondern andere Eigenschaften wie z. B. die Menge des gestreuten Lichts. Sie verwenden dabei reine Annahmen zu Partikeleigenschaften (Partikeldichte, Form, Brechungsindex), um die ungefähre PM-Massekonzentration zu bestimmen, was wiederum fehleranfällig ist.

Die beschriebene Methode hat grosses Potential, da sie vergleichsweise robust und einfach ist, denn grundsätzlich besteht das DustEar nur aus drei Komponenten: eine Beschleunigungsdüse, ein Piezo-Wandler als Impaktionsplatte und eine Pumpe. Die gegenwärtigen Herausforderungen betreffen die Nachweisgrenze bzgl. der Partikelmasse, die aktuell noch minimiert wird. Wie Nadine Karlen in ihrer Publikation gezeigt hat, konnte DustEar nach Abschluss der Masterarbeit einzelne Partikel mit einer Masse grösser als rund 50 Pikogramm detektieren. Dies entspricht einem Partikeldurchmesser von wenigen Mikrometern.

Das neue Messprinzip hat das Potenzial, einen wertvollen Beitrag zu einem aktuellen und wichtigen Forschungsthemen unserer Gesellschaft zu leisten: der Verbesserung der Luftqualitätsüberwachung.

Weitere Details: FHNW > Swiss Aerosol Award 2022

Website des Instituts: FHNW > Institut für Sensorik & Elektronik

 

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